Der Mittelmeerraum ist vor allem im Winterhalbjahr eine regelrechte Brutstätte von Tiefdruckgebieten. Dies ist einerseits der Lage des Mittelmeers zwischen den mittleren Breiten und den Subtropen zu verdanken, andererseits auch der zahlreichen, angrenzenden Gebirgsketten, die den Prozess der Tiefdruckentwicklung begünstigen. In der Regel entstehen Tiefdruckgebiete über dem Mittelmeer im Zuge von Kaltluftvorstößen, welche von Tiefs der mittleren Breiten eingeleitet werden. Diese Tiefdruckgebiete weisen im Gegensatz zu tropischen Tiefs einen kalten Kern auf und besitzen Warm- und Kaltfronten.
Medicanes
Unter bestimmten Bedingungen können sich auch im Mittelmeerraum subtropische oder gar tropische Tiefdrucksysteme entwickeln. Obwohl sie die Stärke eines Hurrikans der Kategorie 1 nur in Ausnahmefällen erreichen, werden sie Medicanes (Mediterranean hurricane) genannt. Sie treten vor allem im Herbst auf und dann bevorzugt im Bereich der Balearen und über dem Ionischen Meer. In den meisten Fällen entstehen sie in Folge von Kaltlufteinbrüchen im Mittelmeerraum und werden durch zurückbleibende Höhentiefs begünstigt. Ähnlich wie bei tropischen Tiefdruckgebieten stellt die Kondensation des Wasserdampfs in den Gewitterwolken die treibende Kraft dar (begünstigt durch die Temperaturunterschiede zwischen der Meeresoberfläche und der Luft).
Aktueller Fall
Am Wochenende weitet sich tiefer Luftdruck über Westeuropa weit nach Süden aus, ein Höhentief reicht am Sonntag bis nach Marokko. Zu Beginn der neuen Woche verlagert sich dieses etwas ostwärts und damit deutet die Mehrheit der zur Verfügung stehenden Wettermodelle die Bildung eines neuen Tiefs mit kräftigen Schauern und Gewittern im westlichen Mittelmeer an. Die Unsicherheiten sind noch groß, das Potential für die Entwicklung eines Medicanes mit schweren Sturmböen ist aber vorhanden. Nach aktuellem Stand wären vor allem die Balearischen Inseln wie Mallorca oder Ibiza betroffen.

Medicane ZORBAS traf 2018 Griechenland
Erst Ende September letzten Jahres wurde vor allem Griechenland von einem Medicane getroffen. Wir haben hier darüber berichtet.
Beinahe hätte der #Medicane noch eine Auge entwickelt. Laut ASCAT wurden immerhin 40 kt im Kern erreicht (Sturmstärke). Kalamata (LGKL) meldet derzeit fallenden Druck auf 991 hPa bei Böen bis 47 kt und Regen. #Zorbas pic.twitter.com/Yy10TAMjFA
— Nikolas Zimmermann (@nikzimmer87) September 29, 2018
Eine private Station in #Pylos (Messenien) wurde vom Kern des #Medicane getroffen. Dabei wurden Böen von bis zu 120 km/h und mittlere Windgeschwindigkeiten bis 80 km/h gemessen. Daten: https://t.co/9uJKWadLbZ bzw. EUMETSAT pic.twitter.com/87DEbGmyiI
— Nikolas Zimmermann (@nikzimmer87) September 30, 2018
Titelbild: Möglicher Medicane Mitte nächster Woche @ UBIMET, ECMWF