Tornado-Verdacht in der Südoststeiermark am Donnerstag
Am 22.05.2025 zwischen 14:40 und 14:50 Uhr kam es in der Südoststeiermark bei Sankt Anna am Aigen mit Durchzug einer Gewitterlinie zur Bildung einer gut entwickelten Trichterwolke. Leider ist anhand der verfügbaren Aufnahmen unklar, ob die rotierende Wolkenformation den Boden erreicht hat oder nicht. Wäre es zu einem Kontakt zwischen der rotierenden Luft und dem Boden gekommen, hätte man von einem Tornado sprechen können.
Die Lage war gerade im Südosten Österreichs recht günstig für die Entwicklung von kräftigen Gewittern. Im Vorfeld der aufziehenden Kaltfront des Skandinavientiefs MAGNUS wurde eine feucht-milde Luftmasse aufgehoben. Vor allem der Feuchtegehalt der Atmosphäre war am 22.05.2025 für diese Jahreszeit außergewöhnlich hoch.
Geortete Blitzentladungen in Österreich am 22.05.2025 – UBIMET, nowcast
Bezüglich der lokalen Lage: Die verantwortliche Gewitterlinie bildete sich entlang einer Windkonvergenzzone in tieferen Schichten (Zusammenströmen von Winden aus Südwest im Großraum Leibnitz mit Winden aus Südost aus dem Südburgenland/Ungarn). Der Gewitterturm selbst rotierte also nicht – wie normalerweise der Fall bei deutlich stärkeren Tornados, die aus rotierenden Gewittern (Superzellen) erfolgen – und die schwache Trichterwolke machte lediglich eine in der unteren Atmosphäre bereits vorhandene Rotation sichtbar (Meteorologen sprechen in solchen Fällen von „Typ-II-Tornados“).
Radaranimation zwischen 14:20 Uhr und 14:40 Uhr in der Südoststeiermark mit Windrichtung in 10m Höhe. Sankt Anna am Aigen ist im schwarzen Kreis – UBIMET, Austrocontrol
Auch solche schwache Winderscheinungen können aber trotzdem zu kleinen Schäden führen, wenn sie den Boden erreichen. Die Lage war gestern im Vorfeld der Kaltfront überregional recht fördernd für Windhosen. Auch aus Nordostitalien gab es mindestens zwei Tornado-Meldungen, nur kurz nach der Trichterwolke über der Südoststeiermark:
Tornados in Österreich
Im Durchschnitt treten in Österreich pro Jahr etwa 3 bis 5 Tornados auf, allerdings sind die meisten davon nur schwach und kurzlebig. Meistens stehen diese auch nicht im Zusammenhang mit Superzellengewittern, sondern entwickeln sich an lokalen Windkonvergenzen („Typ-II-Tornados“). Starke Tornados sind extrem selten, wobei das bislang bekannteste Ereignis der Tornado von Wiener Neustadt am 10. Juli 1916 war. Die Einschätzung der Stärke dieses Tornados liegt bei F4/T8, was Windgeschwindigkeiten um 350 km/h bedeutet. Vor wenigen Jahren, am 10.07.2017, kam es auch knapp südlich von Wien (10.07.2017 – Tornado bei Wien) zu einem Tornado im Zuge einer Superzelle.
Verteilung aller Tornado-Meldungen in Österreich seit 1900 anhand der ESWD-Datenbank – https://eswd.eu/cgi-bin/eswd.cgi